Die folgenden fünf Probleme wurden in der ersten von vier Folgen der RTL-Show »König der Kindsköpfe« mit Mario Barth, Oliver Pocher und Chris Tall erkennbar.
1. Das Konzept ist schlecht kopiert und schief zusammengelötet
Wenn man nur noch ein letztes, wirklich allerallerletztes Mal in der Menschheitsgeschichte die abgehalfterte Scherzschablone verwenden dürfte, man hätte irgendwas »auf Wish bestellt« – hier wäre der vorgestanzte Gag final gut verräumt und würde mit seiner ausgeleierten Ehrgeizlosigkeit außerdem gut mit der Attitüde der Kindskopf-Krönung harmonieren. »König der Kindsköpfe« nämlich ist ein liebloser »Schlag den Star« Nachbau mit joko-und-klaasig gemeinten Einspielsprengseln: In jeder Folge treten zwei der Comedians in acht Spielen plus Finale gegeneinander an, der dritte – in der Auftaktfolge Oliver Pocher – moderiert, diese Konstellation wiederum erinnert an den Gottschalk-Jauch-Schöneberger-Dreikampf »Denn sie wissen nicht, was sie tun.« Das Format ist also nicht originell, dafür aber auch handwerklich schwach: Viele Spiele gerieten langweilig, weil sie über zu viele Runden angesetzt waren, ihnen wurden unnötige, animierte Erklärfilmchen vorangestellt, obwohl die meisten so simpel sind, dass ein einfacher Moderator-Satz genügen würde. Mit Elmar Paulke gab es theoretisch einen Kommentator, der aber fast ausschließlich das Gewinnspiel vor jeder Werbepause ansagte. Und es gab viele Werbepausen, denn diese Sendung ist so lang wie das Leben. Könnte bald mal wieder eine Show einfach nur knappe zwei Stunden dauern, bitte?
2. Die »Das reicht schon«-Attitüde der Protagonisten
Mario Barth trug ein T-Shirt mit der Aufschrift »Corona ist ein Arschloch«, und da pendelte sich ungefähr der Originalitätsanspruch ein, den alle Beteiligten an sich selbst haben. Vielleicht hat man da ja überzogene Ansprüche, aber von einer Show mit drei Berufskomikern würde man eigentlich erwarten, dass irgendwer mal was Lustiges sagt oder zumindest aktiv einen Gagversuch startet, wenn schon die Spiele selbst nicht sonderlich komisch sind. Es ist eine sonderbare Kombination aus selbstbesoffener Ehrgeizlosigkeit, die den Irrglauben zu befördern schien, bloßes Erscheinen sei ja schon genug, und wenn es unbedingt sein musste, lacht man eben mal wieder schnell über Bauchspeck, was gäbe es auch lustigeres, das klang dann ungefähr so:
Mario Barth: Wieviel wiegst du?
Chris Tall: 79.
Barth: Hähähä.
Auch beim Konzept scheint man sich schon mit den Spieltiteln verausgabt zu haben, alle durchaus vielversprechende Wortspiele auf bekannte Sendungen. Wenn bei »Schau mal, was die hämmern« noch halbwegs unterhaltsam erraten werden musste, welcher Gegenstand in einem rückwärts abgespielten Filmchen zerdeppert wird, war »Bauer sucht Sau« dann aber tatsächlich nur ein buchstäbliches Versteckspiel auf einem Bauernhof, bei dem Barth einen Schweinerüssel und Tall Schweineohren umgeschnallt hatte. Leider grunzte aber niemand.
3. Die Spiele funktionieren nicht
Bei »Ich bin ein Star, schiebt mich hier raus«, einem Wegdrückspiel mit einer rollenden Trennwand, hatte Chris Tall allein wegen seiner Körpermasse einen Vorteil, bei einem anderen Spiel gewann Barth wohl auch, weil er wegen seiner schlankeren Figur mehr Balancierplatz auf einer Runterschubs-Rampe hatte. Bei »The Masked Kottchen« sollten Prominente erraten werden, die in einem klassischen Winktier-Kostüm steckten, indem Tall und Barth ihnen Fragen stellten – leider waren die verzerrten Stimmen, mit denen die Maskottchen antworten, kaum zu verstehen. Geht es eigentlich noch als liebevolles Zitat durch, wenn man innerhalb eines kopierten Pro7-Formats ein anderes Pro7-Format zu parodieren versucht? Entsprechend unambitioniert waren die Errätselversuche, die sich weitgehend auf den Dreiklang »Bist du ein Mann?«, »Hast du eine eigene Show?« und »Bist du ein Koch?« beschränken. In den Kostümen steckten Menschen wie Horst Lichter, Jasmin Wagner und Guido Cantz (der, ebenfalls ein Freund der Minimal-Idee, im »Fuck the Virus«-Shirt auftrat). Bezeichnend ist natürlich auch, dass weder Barth noch Tall ein Name einfiel, als sie bei einer Fragerunde immerhin so weit kommen, dass im Bananenkostüm eine Frau stecken musste, die mal einen Comedypreis gewonnen hat. Carolin Kebekus konnten sie schon ausschließen, wer bitte soll diese angeblich lustige Frau also sein? Gaby Köster vielleicht, orakelte Barth, dann Schweigen.
Auch das Karaoke-Spiel »Shit-Giganten«, eigentlich eine sichere Bank, wurde einem schon bei der Anmoderation durch die Info verleidet, dass Tall und Barth vorab zur Vorbereitung eine Liste der 50 Neunzigerjahre-Hits bekommen hätten, aus denen gleich eine zufällig bestimmte Auswahl angesungen werden sollte. Es handelte sich also um ein Abfrage-Spiel vorausgegangener Lernleistung, unterhaltsamer wäre die Frage gewesen, was von den wirklich sehr bekannten Titeln ohnehin noch im Gedächtnis pappte. Aber das Spiel hatte ohnehin ein ganz anderes Problem, nämlich:
4. Andreas Gabalier
Er sang als musikalischer Gast die Titel an, die Tall und Barth dann weiterträllern sollten, und bestürzend außerhalb jeden Timings leierte er »Männer sind Schweine«, »Sexbomb« und »Alles nur geklaut« (was angesichts der großzügigen Bedienung an Fremdsender-Formaten an diesem Abend dann zumindest unfreiwillig ein bisschen witzig war), dann noch »Everybody«. Seine Freundin sei ja ein riesiger Backstreet-Boys-Fan gewesen, sagte Mario Barth, und man dachte direkt, oh Schreck, jetzt geht es los, jetzt kippt er in seine Routineschleife über Handtaschen, Schuhe und Nicht-Einparken-Können, und da beißt er sich dann fest wie ein Terrier, der nichts mehr zu verlieren hat, und keiner kommt mehr raus, aber glücklicherweise beließ er es bei dieser kleinen Drohgebärde. Dafür gab Gabalier später noch eine Darbietung aus seinem aktuellen Weihnachtsalbum, bei dem seine halbherzigen Playbackversuche doch sehr an die Lippenbewegungen der Puppen aus dem gerade verdrängten Showdebakel »Pretty in Plüsch« erinnerten. Und schließlich sei noch dahingestellt, ob »Driving home for Christmas« wirklich der bestgewählte Titel zur aktuellen Lage ist.
5. Es fehlt Spontaneität
Von einer Sendung, die den größten Kindskopf küren will, erwartet man Spielfreude, Albernheit, gern auch ungezügelte Anarchie, aber nichts davon war in diesem Runde für Runde abgearbeiteten Duell zu spüren – der Gipfel der Exaltiertheit schien schon erreicht, als alle beim Shitgiganten-Singspiel noch spontan »Flugzeuge im Bauch« zusammen anstimmten. Wie unflexibel man hier auf Unvorhergesehenes reagiert oder eben nicht reagiert, zeigte sich vor allem, als es gleich zu Beginn kurz ernst wurde. Chris Tall hatte sich beim erste Spiel, der kräftemessenden Schieberei, so verausgabt, dass ihm übel wurde. »Mir ist so schwummrig«, meldete er sich beim anschließenden Maskottchen-Spiel, reagiert wurde nicht. Raterunde um Raterunde signalisierte er, dass es wirklich dringlich war: »Ich habe Mega-Kreislauf gerade«, »Ich kipp gleich um«, »Ich komm nicht mehr klar«, aber erst sein final verzweifeltes »Ich muss mich kurz hinlegen« erlöste ihn mit der Flucht in die Werbung, nach der es ihm augenscheinlich besser ging. Ob dieses Format, das sich ohnehin schon breitgetreten anfühlte, durch dreimalige Variation in den kommenden Wochen besser werden kann? Die Spannung hält sich in Grenzen.
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