Es wäre ziemlich kleinlich, würde man nachzählen, wie viele Irrtümer sich schon im Titel von »Täglich frisch geröstet« verbergen, dem neuen, von Stefan Raab für TVNow erdachten Late-Night-Format – na gut, es sind drei: Die Show kommt nicht täglich, sondern nur Montag und Mittwoch. Die Gags sind nicht frisch, sondern von der leicht angepelzten Schimmligkeit zu lange gelagerten Twitter-Mittelmaßes: »Die USA haben den fiesen Virus besiegt – Donald Trump ist abgewählt«. Und geröstet, beziehungsweise geroastet, mit fiesen, gut gesetzten Spitzen scharf angegrillt also, wird hier auch niemand: Ralf Möller und Olaf Schubert machen einen in der Auftaktfolge eher mit der Niedriggarmethode mürbe: Hier bruzzelt und zischt leider gar nichts.
Die Zweier-Konstellation der Show folgt dem klassischen Sandburgen-Prinzip: Der schippt mit seinem Schäufelchen leicht ungelenk ein fragiles Kunstwerk zusammen, der andere patscht mit Schmackes mitten rein. Also: Ein jeweils wechselnder, fachfremder Promi versucht sich pro Folge an der Moderation einer traditionellen Late-Night-Show mit Stand-up, ein paar kleinen Formaten und einem Talk-Element. Ein zweiter, ebenfalls stets wechselnder Promi beobachtet diese Bemühungen hinter der Bühne und bespöttelt den Moderationsnovizen.
Mit Ralf Möller als erstem Host gerät die Sendung schon in den ersten Minuten zu einer minderambitionierten »Tabu«-Runde: Sämtliche Offensichtlichkeiten, die einem sofort zum röhrigstimmigen Massiv-Schauspieler einfallen, werden direkt im Vorstellerfilmchen runtergerattert: Seine Rolle in »Gladiator«, sein Gurkenfilm »Hai-Alarm auf Mallorca«, seine Freundschaft mit Arnold Schwarzenegger. Diese drei typischen Handbewegungen werden im Lauf der gut 40-minütigen Sendung noch mehrfach bemüht, und danach dann noch alle Offensichtlichkeiten, die einem so in zehn Sekunden zu Arnold Schwarzenegger einfallen, es ist eine mäßig unterhaltsame Offensichtlichkeitspolonäse.
Scherze wie eine permanent schlaffe Fischhand
Eine gewisse Täppischkeit des ungeübten Moderators gehört bei »Täglich frisch geröstet« zum Konzept, doch das kann gründlich schiefgehen, wenn diese Unbeholfenheit nicht lustig, sondern eben einfach nur unbeholfen ist. Möller hat kein Gespür für Tempo und Timing, seine lahmen Witze werden auch schleppend aufgesagt. »Stop the count – das rufe ich demnächst, wenn das Finanzamt meine Steuern berechnet«, sagt also Möller. Und Schubert ergänzt in seinem Roastkabuff hinter der Kulisse: »Dafür braucht man aber erstmal Einnahmen.« Es sind Scherze, als reiche einem jemand permanent die schlaffe Fischhand, und das ist die zweite Gefahr dieses Formats: Wenn auf höchstens mittelgute Witze nur bestenfalls mittelgute Spottmanöver folgen, potenziert sich die Langweile.
Zum ersten Mal lacht man dann aus Verzweiflung, als Menschen in Seuchenschutzanzügen ein monströs überdimensioniertes Wattestäbchen hereinschleppen, um bei Möller einen Coronatest vorzunehmen. Ja, der allfällige Scherz mit »Corona der Barbar« wird auch gemacht. Ralf Möller ist übrigens mit Arnold Schwarzenegger befreundet.
Zwei Formate lassen zwischendurch kurz durchatmen. Lutz van der Horst castet in einem Musikaliengeschäft eine Spontanband zusammen, die dann zusammen mit Gentleman auftreten, der praktischerweise und latenight-üblich gerade ein neues Album hat und darum willfährig ist.
Zweifel an Evelyn-Burdeckis Echtheitsresten
Weniger gut gerät das Format »Burdeckipedia«, in dem »Ich bin ein Star, holt mich hier raus«-Gewinnerin Evelyn Burdecki in ihrer bekannten, neo-ingridsteegerhaften Schnuckdoofi-Art bekannte Begriffe umschreibt. Zum Auftakt wird sie in einem Dingsda-artigen Setting gefragt, wer denn Sankt Martin war, und die Sendung wirkt schlagartig noch eine ganze Schippe älter. Denn zum einen kommt einem gerade nichts weiter weg vor als das Dschungelcamp von 2019, zum anderen zweifelt man inzwischen doch arg an den Echtheitsresten von Burdeckis längst professionalisierte Dusselweibchen-Rolle. Der heilige Martin sei »ein Ritter und auf Pferden drauf« und habe »einen Spachtel dabei«, fabuliert Burdecki, man kauft es ihr schwer ab.
Im abschließenden Talk unternimmt Schubert dann noch ein paar zaghafte Stichelversuche und lässt Möller Tweets über sich vervollständigen: »Keine Ahnung, aber ich finde Ralf Möller irgendwie sympathisch«, lautet ein Originalzitat. Und Schuberts Idee von Roast: »Man merkt, nicht alles, was im Internet steht, stimmt.« Zum Ende ordnet er Möller noch in einer Reihe mit den ebenfalls erfolgreichen USA-Exporten Thermomix, Wirecard und Kuckucksuhr ein, feinsinniger wird die Piesackerei nicht mehr. Wo sind die viel zitierten Röstaromen, wenn man sie wirklich mal braucht?
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